Donnerstag, 19. Juli 2018

Merander.


Die besten Ideen kommen doch immer dann, wenn man sich am meisten langweilt. Oder? Wenn es nichts mehr im Internet gibt, was man sich anschauen kann. Wenn selbst die realste Realität da draußen dein Interesse nicht mehr weckt. Dann gehts los. Dann starten die Gedanken, Beerpong in einem faradayschen Käfig zu spielen. Bei Gewitter. Mit Tennisschlägern. Und nebenbei total belanglose Musik zu hören. Musik, die dich, wenn du sie hörst, total abnervt. Einfach nur, damit man ein Statement setzt. Gegen dieses ganze Pop-Musik-Flucks da draußen. Die könnte man so als kleine Musik-Geister sehen, die umherwandern und ihr Unwesen treiben. Die Leute nerven mit schiefen Tönen, schrillem Gekreische oder Frisuren, die einem Rosamunde-Pilcher-Roman entsprungen sind. Man müsste sie an die Leine nehmen, sie züchtigen und umerziehen. Kleine Musik-Geister haben keinen Geschmack, noch keine Form, keine Attitüde. Man würde immer eine kleine Plastiktüte dabeihaben und die dreckigen Notenschlüssel, die die Musik-Geister auf dem Boden hinterlassen, aufsammeln. Und wenn ein anderes Musik-Geisti mit seinem Halter vorbeikommt, dann zöge man gut daran, also an der Leine, dass besagte Geister nicht aufeinandertreffen und zu einem Chor aus Maulender Myrte und Plácido Domingo verschmelzen. Der Gesang, das müsse man sich mal vorstellen, läge außerhalb jedweder Vorstellungskraft. Sie würden mit ihrem Crescendo jedwedes Leben auslöschen, das sich mühsam seinen Charakter über die Jahrmillionen aufgebaut hat. Und da hört es dann auf! Was? Ich höre Gewerkschaften schreien von den hinteren Rängen? Gewerkschaften für Musik-Geister? Sollten wir ihnen wirklich noch eine Lobby geben? Damit sie sich gegenseitig lobpreisen? Vielleicht würden sie dann ja die GEMA unter Druck setzen. Oder mit Wucherpreisen die Leute verschrecken, sodass diese sich auf eine einsame Insel verziehen müssten und den ganzen Tag mit den Füßen im Wasser Triangel spielen würden. Da fällt mir ein: man könnte doch den Codec des Musik-Geistes einfach ändern. Also das, was ihn so ausmacht. Blägt er in mp3 umher? Dann verändert man ihn einfach in sowas wie ogg. Oder aac. Ist zwar auch irgendwie verbreitet, aber man würde trotzdem dem Ausbreitungsradius Einhalt gebieten. Oder man nimmt einfach Leinen, die bunt leuchten und rumflackern. Ich habe irgendwo gelesen, dass Musik-Geister dann ausrasten, wenn sie die sehen und anfangen, den Omas ihre Blümchenhüte vom Kopf zu reißen, daraus Strohrucksäcke basteln, und diese an in Eile vorbeilaufende Investment-Banker verschenken, währen diese kreischend ihr Eis runterwürgen. Das Ganze kann man als sozialen Affront auffassen, oder einfach schulterzuckend hinnehmen. Ich als entfernter Beobachter würde das alles von einem Café aus betrachten und vielleicht einen kleinen Schauer der Belustigung verspüren, obgleich ich das Verhalten der Musik-Geister als wenig tolerierbar auffasse. Erwähnenswert ist noch, dass diese Wesen sehr emotional sind. Und stock-stumpfe BWL-Abkömmlinge versprühen scheinbar so eine gelassen-exzentrische Komprimierung an emotionaler Unausgeglichenheit, dass ihre Sinnesrezeptoren quasi überbrodeln vor tektonischer Anziehungskraft. Anders kann man sich das nämlich nicht erklären. Und dann kommt noch der Punkt der Haltung. Wie hält man so ein Musik-Geist? Zufällig nicht quer oder über Kreuz, das ist physisch nicht möglich. Psychisch auch nicht, da würde man bloß verrückt werden. Man muss sie einfach auf die Spitze treiben, da fühlen sie sich am wohlsten. Da ginge ein Stock. Oder eine Blume. Oder einfach ein Rock mit Spitzen. Von letzten kann man sich dann eine aussuchen. Farbe und Geschmack sind dabei egal, das ist eh nicht wichtig. Irgendwann, wenn der Musik-Geist dann ausgewachsen und ausgebildet ist, gewinnt man einen anderen Zugang zu ihnen. Er wird dann lässiger. Nicht so rabiat oder pittoresk, aber schon bunter. Ins kreative-melancholische abdriftend. Kleiner Seitenhieb rechts und links, und der Hase läuft. Pardon, der Musik-Geist. Er oder sie schwebt dann erhobenen.. nun.. Hauptes gen Lautsprecher. Bewusst wird hier eine Gedenkstunde eingelegt, denn ein Haupt? Hat ein Musik-Geist ein Gehäuptnis? Lassen wir uns das annehmen. Und lassen wir uns weiterhin davon ausgehen, dass er C-Moll, A-Dur und 3 Oktaven auf einmal spricht. Ein richtiger Fuchs, dieser Musik-Geist! Hat wohl studiert. Musikologie. Oder kneten. Letztendlich bleibt also festzuhalten: die interessantesten Gedanken kommen dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Lassen wir also unsere Füße weiter im Wasser treiben, an der Kaba-Milch schlürfen und den Bankern zugestehen, dass Wassereis wohl schmackhafter zu schlürfen ist als Eiscreme.

Freitag, 12. Mai 2017

Intermezzo.

Laternenmast, Laternenmast, 
kommst von weit her mit großer Hast.
Hast 'nen Umhang um deine Säule,
und im Gepäck 'ne gechillte Eule.
Rockst wie ein Blitze durch die Luft,
und versprühst 'nen intensiv pompösen Duft.
Es riecht nach Moschus, Rum und Weizen,
willst wohl all' die süßen Girls verheizen.
Dein weißes Licht strahlt weit umher,
da fällt das Bangen auch nicht schwer.
Mit lautem Sausen und Getöse,
zerfetzen alle Verkaufserlöse.
All die Chicks, sie jubeln dir zu,
nur die Eule, die snackt in Ruh.
Sie crunsht 'ne Haxe aus Fernost,
was für 'ne heftig-dope Kost.
Sie checkt die Crowd aus wie 'ne Nonne
und trinkt dabei 'ne Caprisonne.
Laternenmast, du mieser Schuft,
ziehst jetzt an deine schwarze Kluft,
umklammerst die Peitsche mit deinen Pranken,
um die Crowd gediegen wegzuflanken.
Es verbeugen sich alle aus Ekstase,
sogar der sweete Osterhase.
Du penetrierst mit stolzer Brust,
und alle laben sich an der Lust.
Die Eule futtert jetzt 'n Steak,
und braucht noch lange keine Break.
Laternenmast, du mieser Erlöser,
penetrierst jetzt noch um einges böser.
Es knallt und donnert, rauscht und zischt,
das letzte Abendmahl wird aufgetischt.
So krass ham's die Chicks noch nie erlebt,
dass ihr ganzer Körper bebt.
Sie taumeln umher, vor Glück und vor Freud,
unfähig, noch irgendwas andres' zu machen heut.
Laternenmast, er schwingt sich empor,
die Eule lugt vergnügt hervor.
Meine Kinder, schon bald komm' ich wieder,
und bis dahin, singt meine Lieder!

Mittwoch, 10. Mai 2017

O-Wald.

Durch tiefen Sumpf stapften sie. Ihre Füße hinterließen schmatzend Löcher, in denen sich neuer Schlamm sammelte. Das Laubwerk hing tief, es war dunkel. Feucht-heiße Luft durchtränkte ihre Anzüge. Das Fortbewegen war schwer. Ihre dicke Uniform hing herunter wie ein nasser Sack Kartoffeln und erschwerte das Vorankommen zusehends. Doch bemerkten sie diese Einschränkung nicht; ihre Sinne waren gespitzt, jeder Atemzug hörbar. Der Vorderste schob mit seiner dicken Hand ein Büschel tief hängender Zweige beiseite. Dahinter kam eine Lichtung zum Vorschein. Laute Rufe von Vögeln und anderem Getier waberten durch die Luft. Die Gruppe hielt an. Der Vorderste drehte den Kopf hin und her, als wollte er eine fremde Gestalt in der Ferne ausmachen. Dabei klapperten die an dünnen Bindfäden von seinem Kopf herunterhängenden Nudeln von Artigiano Fabbri scharf gegeneinander. Seine Nase witterte einen unbekannten Duft. Er runzelte die Augenbrauen. Schob seinen massigen Körper weiter voran. Die anderen folgten langsam, wachsam. Umklammerten mit ihren Händen fester die Speere. Der Vorderste beugte sich leicht nach vorne. Er stellte eine Porzellan-Statue auf den Boden, der noch nicht von Schlamm bedeckt war. Er streichelte den Kopf der Statue mit einem Finger und schaute sie skeptisch an. Alle anderen hielten den Atem an. Langsam begann der Boden zu vibrieren, konkave Bahnen breiteten sich am Fuße der Statue aus. Vögel vernahmen die Erschütterungen und schwangen sich in die Lüfte, während sie ihre Campomaggi-Handtaschen fest an ihre Körper schmiegten. Der Vorderste sah ihnen nach, senkte dann wieder seinen Blick auf die Statue und beäugte sie kritisch. Kleine Äste vibrierten, einige Blätter fielen zu Boden. Der Schlamm saugte sich immer stärker an ihren Stiefeln von Giuseppe Zanotti fest. Nun fingen einige der Gruppe an, einen Blick auf die Statue zu erhaschen. Immer größere Bahnen breiteten sich von ihr aus, die Vibrationen durchfuhren ihre Körper wie Schläge einer Basstrommel. Die Statue leuchtete, das weiße Porzellan wich einem schüchternen Purpur, eine Melange aus Licht und kristallinen Farbmustern. Der Vorderste grunzte. Immer heller erstrahlte die Lichtung, während lange Schatten sich hinter den anderen der Gruppe ausbreiteten. Das Braun des Bodens, des Schlamms, wandelte sich stetig, immer intensiver wurden die Farben und Geräusche. Die Strahlkraft der Statue akzentuierte den ansonsten tristen Waldboden, penetrierte die Blätter, Büsche und Sträucher der Lichtung. Einzig die Stämme der Bäume stellten sich der Umwandlung in neue Farbspektren, als sie gedrungen beieinander standen. Der Vorderste richtete sich breit auf und blickte die Statue scharf an, während diese anfing zu schweben. Sie stieg langsam höher, drehte sich und strahlte immer heller. Sie hielt schwebend auf Kopfhöhe des Vordersten an. Seine Arme hingen am Körper, in der einen Hand einen Speer, in der anderen einen Messbecher gefüllt mit Frucht-Yoghurt, Chia-Samen, Ylang Ylang-Extrakten und Puderzucker haltend. Er beugte sich kurz herunter, zog den Messbecher vorsichtig durch den Schlamm, bis dieser gefüllt war, richtete sich wieder auf, schaute die Statue gespannt an und hielt den Messbecher über sie. Zärtlich ergoss sich das Gemisch über ihren Kopf. Es zischte und gluckste. Die Statue hielt plötzlich an, sich zu drehen, begann zu flackern und wurde Bronzefarben. Eine kleine Zunge kam aus ihrem Mund hervor und versuchte, den Überguss abzuschlecken, während es an ihr heruntertropfte. Die Vibrationen wurden stärker, der Boden bebte und der Vorderste schaute sie ernst an. Ein Blitz schoss aus ihrem Bauch hervor und durchstach die Luft, er erhellte die Lichtung wie ein in Gold getränktes Gurkenglas; ein dumpfes Summen ertönte aus dem Unterleib und begann durch die feuchte Luft zu tanzen, erst Merengue, dann Cha-Cha-Cha; der Raum teilte sich, erfror, zerbarst in tausend Teile zu pizzagroßen Plüschwürfeln; Photonen zischten erregt in alle Richtungen, durchstachen Blätter und Äste, prallten am Metall der Speerspitzen ab, plumpsten zurück, fielen zu Boden und formten kleine Johannesbeersaftflaschen im Schlamm. Die Gruppe erschrak ob dieses Spektakels und wich zurück. Der Vorderste drehte sich um und schaute sie verständnislos an. Er blickte wieder auf die Statue. Sie war unter der braunen Masse verborgen, doch glänzte nun wie ein mit Zuckerguss verzierter Lockenstab. Plötzlich fielen Teile der Statue ab, sie schien unter ihrer Ekstase zu zerfallen. Immer größere Teile fielen mit einem lauten Platschen von ihr ab und in den Schlamm. Aus diesem stieg sofort grün-blauer Rauch empor, der nach Crème Brulée roch, welche gerade frisch von Alfons Schuhbeck zubereitet wurde. Die anderen der Gruppe nickten sich gegenseitig zu und diskutierten amüsiert die optimale Schmelztemperatur des Zuckers und Konsistenz der Crème. Der Vorderste schaute finster drein, als die Statue zerbrochen und dampfend auf dem Boden lag. Er kniete sich langsam auf den Boden, seine Hose fast im Schlamm getränkt (das Waschen würde bei einer Salvatore Ferragamo ewig dauern); er näherte sich der zerbrochenen Teile, die begannen, auf dem Boden zu schmelzen. Er pustete den Rauch beiseite, drückte mit seinem Daumen in die Brandstelle eines Porzellan-Teils und hielt seinen Kopf hoch. Es zischte und brummte. Sein Daumen wurde warm, er nahm ihn zurück. Dort, wo sein Abdruck hinterlassen wurde, war der Boden porös. Blau, braun, violett begann die oberste Schicht zu glühen. Dann verpuffte das Porzellan-Teil und ein kleiner Krater blieb zurück. Der Vorderste nahm daraufhin eine Violine aus seiner Seitentasche von Picard Torrino, hielt sie vor sich hoch und umfasste den Hals, während seine Finger über den Steg, das Griffbrett bis zum Wirbelkasten und hoch zur Schnecke fuhren. Dann nahm er einen Pinsel und ein Glas Erdnussbutter hervor, tunkte ersteren in die Butter und schmierte den Korpus damit ein. Als die anderen der Gruppe das sahen, schauten sie gen Himmel. Es war wieder dunkel, das fließende Licht der Statue war verschwunden. Sie vermissten es nicht, denn es war doch recht kalt; in diesem Punkt stimmten sie sich alle zu und nickten eifrig. Der Vorderste schaute die Violine misstrauisch an. Er legte sie vorsichtig auf den Boden neben den Brandlöchern und betrachtete sie. Der Rauch durchströmte langsam den Korpus der Violine, schien von ihr angezogen zu werden. Die Saiten begannen zu erklingen, ein leiser Ton entsprang dem Instrument. Die Violine begann zu zischen, auch sie fing an zu leuchten. Warum leuchtete immer alles, fragte sich der Vorderste. Er kam zu dem Schluss, dass es langweilig war, immer alles leuchten zu sehen. Er zuckte mit den Achseln und bewegte sich rhythmisch zur Melodie. Die eigentlich keine war. Aber er tat so. Die anderen der Gruppe kamen nun näher, hörten die Melodie und schauten sich verwirrt an. War das Emil Gilels? Oder Grigori Sokolow? Doch keiner schien den hellen Streif am Horizont zu bemerken, der langsam immer größer wurde. Wie auch, es war einfach zu verwachsen hier im Wald. Dann gab es einen lauten Knall, ähnlich dem Zusammenprall einer gefüllten Lasagne-Auflaufform mit einem etwa drei Meter großen Zebra, das gedankenversunken versuchte, mit seinen Hufen die Hortensien am Rand des Amboseli-Nationalparks neu zu setzen, die es günstig im Angebot eines örtlichen Supermarkt erstanden hatte. Was dann geschah, war nicht schön. Aber es tröstete über den Umstand hinweg, dass das schlechte Violinenspiel nicht mehr von den Umstehenden als lästig empfunden und dieses mit einem großen Bogen zu umgehen versucht wurde, denn es war wirklich nicht gut. Das Zebra indessen war sich nicht bewusst, dass es trotz seiner geografisch zugegeben offensichtlichen Distanz zu dem Musenspiel am Ableben der Beteiligten involviert war, obgleich sein Tagesablauf jenes Malheur nicht vorsah und des Zebras Intention nicht hätte weiter entfernt von dem Mord an einer Gruppe Unbekannter sein können. Aber diese Tatsache interessierte zuweilen keinen mehr, da zufällige Umstände nun mal nicht vermeintlich sind, genauso wenig wie der tradionelle 5-Uhr-Tee der Briten. In diesem Sinne wünschen wir dem Zebra alles Gute und genießen die letzten Sonnenstunden an diesem Nachmittag.

Dienstag, 27. September 2016

Frühchen.

Ich finde es toll, dass Menschen sich engagieren wollen während ihrer Studienzeit. Das ist löblich, sowas braucht die Welt. Aber stell dir jetzt mal vor, dass man einfach nicht weiß, dass es etwas gibt, dem man beitreten kann. Also, man hat jetzt schon ein paar Jahre studiert und irgendwie hat man nie gewusst, dass es da was gibt, wo man sich anschließen kann. Das wäre doch sehr schade, wenn man das nicht wüsste, oder? Und nun ist da jetzt jemand, der dir sagt, dass es verschiedene Clubs oder Gruppen gibt, die sich für bestimmte Dinge einsetzen. Ist doch toll! Nur hast du es vorher nicht gewusst. Du hast die ganze Zeit vor dich hinstudiert und einfach keinen Plan gehabt. Also das fänd ich wirklich schade. Na und jetzt kommt's: Da steht nun jemand vor dir und sagt dir, es gäbe zum Beispiel an deiner Uni einen Swingerclub. Und du hast das all die Jahre nicht gewusst! Ich meine, woher auch. Und du fällst vom Glauben ab. Kippst vom Stuhl. Ist ja verständlich. Keiner hat dir je irgendetwas gesagt. Und du kamst auch nicht auf die Idee, mal nachzugucken, was es so gibt, an Angeboten. Weil, du studierst ja. Hast andere Sachen im Kopf. Da ist das klar! Und du denkst dir so: woooow, wie heftig, was ist da los und so. Du kannst es nicht glauben, aber du denkst dir: Und ich hab das all die Jahre nicht gewusst! Ich hatte keine Ahnung! Mies! Und heute ist es so, dass Ersties einfach wissen, was es an der Uni gibt! Die fangen frisch an und wissen, okay, da gibt es einen Swingerclub und ich kann da mitmachen! Endlich kann ich das machen, was der Sinn der Uni, der Sinn des Studierens ist: Sich selbst finden, experimentieren und einen Beitrag für die Gesellschaft und Kultur leisten. Gemeinnützig handeln, gemeinsam Werte schaffen und einfach.. toll sein! Nun, als ich diese eine eMail laß, war ich überrascht. Aber auch verzückt. Es hat mich imponiert. Ich mein, da war echt jemand, ein Mädchen, die schon vor dem Beginn des Studiums wusste, was es an der Uni so gibt. Und.. das rechne ich ihr an. Finde ich gut. War bei mir anders. Ich hatte keinen Plan. Ich fing an.. und war einfach gediegen überfordert. Alles war neu, die Stadt, die Leute, das Essen, die Kultur. Der Friseur.
Aber ich denke, Zeiten ändern sich. Menschen haben mehr Plan von Dingen. Viele sagen sich, sie machen ein Jahr Ausland nach dem Abi. Australien. Irak. Und dann fangen sie an einer neuen Uni an und treten Clubs bei. Ist schon Klasse. Ich wünschte manchmal, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Schon damals mehr Erfahrung haben als heute. Es ist halt so. Aber das wird schon.

Dienstag, 21. Juni 2016

Warum ich trainiere

Nun, falls diese Frage im Titel mal aufkommen sollte, in welchem Zusammenhang auch immer, ob mit Gleichgültig gefragt oder mit Leidenschaft an mich herangetragen, würde ich mich zu einer Antwort hinreißen, zu der ich mir im Vorfeld natürlich umfassende Gedanken angelegt habe. Die Frage also, aus welchen Gründen ich mich dazu entschieden habe zu trainieren. Gleich vorweg: Training definiere ich in meinem Falle damit, dass ich mehrmals die Woche ein Etablissement aufsuche, in dem Geräte stehen, die dazu in der Lage sind, dem (Be-)Nutzer, sofern dieser in der Lage ist, eine verrückt hohe Summe für eine Mitgliedschaft freizugeben, die Muskelpartien in seinem (oder ihrem) Körper im Volumen anzupassen. Hierbei sind natürlich der Vielfalt an Möglichkeiten fast keine Grenzen gesetzt. Man kann sich definieren, aufbauen, umbauen oder einfach nur den Leuten verträumt zugucken, wie sie versuchen, ähnlich der Gebärde eines Neugebohrenen akustisch vernehmlich die eigenen Körperteile optisch entsprechend schöner zu gestalten. Dass dieser Prozess nicht innerhalb eines Tages abgeschlossen ist, zeigt eine nicht durchgeführte Studie, die Menschen nicht gefragt hat, wie lange sie sich so in ihrem Leben solch unmenschlichen Qualen freiwillig aussetzen. Aber sei es drum, ich zähle mich feierlich zu der Gruppe Mensch, die Optimierungs- und Verbesserungspotential an ihrem Körper vernommen, akzeptiert, untersucht und für ausbaufähig befunden haben. Nun sehe ich mich also in einer dieser wöchentlichen Talkshows sitzen, werde von einer abstrus gekleideten Talkmasterin nett aber vernehmlich gefragt, warum ich mich dazu entschieden habe, meinen Körper optisch ansprechender in der Welt platzieren zu wollen. Wie andere das halt auch machen. Ich würde dieser Dame im Anschluss sogleich entgegnen, dass ich sehr intensiv diese Frage mit mir selbst diskutiert habe. Letztlich bin ich zu einem Ergebnis gekommen. Hoch erfreut hat mich das, das können Sie als Leser glauben. Kommen wir also zu der Frage, warum ich trainiere. Nun, ich habe mir ein neues Ziel im Leben gesetzt. Dieses Ziel ist zwar nicht unbedingt im Einklang mit anderen Zielen, die ich noch so zu verfolgen pflege, aber jenes obliegt meiner eigenen Entscheidung, nicht geistig, sondern körperlich mein Dasein auf diesem schicken Planeten zu verschönern. Ich verbringe also meine Zeit auf Erden damit, zu bestimmten Situationen, die da so im Leben auftauchen, eine passende Antwort parat zu haben. Stellen Sie sich nun mal folgende, nicht ganz abwegige Situation vor: Sie schaffen es, sich in einer Position zu befinden, bei der Sie Gebrauch von Ihren Muskeln machen müssen. Es geht nicht anders. Es könnte zum Beispiel vorkommen, dass sich vor Ihnen eine Kiste befindet, die doch nun wirklich ziemlich schwer ist. Falls ich also diese schwere Kiste, die zudem mit ganzen vielen Dildos gefüllt ist, hochheben sollte, dann würde ich mich doch leichter tun, hätte ich mehr Muskeln zur Verfügung, die mir beim Hebeprozess Unterstützung leisten könnten. Damit nicht genug: Ich hätte Zeit gespart und käme nicht außer Atem, da ich die Kiste mit Dildos eben schneller heben könnte und dem Transpirationsprozess wären auch Grenzen gesetzt. Man würde Feste feiern. Man würde einen neuen Feiertag ausrufen. Man täte gut daran, dieses Phänomen in den Geschichtsbüchern niederzuschreiben! Man würde all die Dinge für mich tun, ob der Freude, dass da nun endlich einer ist, der sich selbst dazu befähigt hat, seine Freizeit zu opfern, trainieren zu gehen, um nun endlich schwere Kisten mit Dildos hoch- und wegheben zu können. Man würde mich nicht anschauen, als stünde ich neben einer Kameltränke mit einem Tigerkostüm, das Kamel während der Wasseraufnahme grotesk kämmend, sondern ich würde Blicke ernten voll tosender Bewunderung, schmerzvollem Neid und augenblicklicher Ekstase. Und dafür tue ich das, meine sehr verehrten Damen, Herren und afroamerikanischen Radieschendompteure, nur für euch. Damit ihr wieder des Weges flanieren könnt, frohen Mutes und ohne Beschwerden oder Kummer, dass da schwere Kisten mit fraglichem Inhalt den Weg kreuzen. Ich könnte sie nun quickfidel entfernen. Naturschutz pur, mein sehr geehrter Gesangsverein. Ich würde mich sodann erheben, die Talkrunde mit erhobenem Haupt verlassen, um aber im Vorbeigehen nicht die Möglichkeit auszulassen, meine neu angesetzten Muskeln dem Stuntman und Double von Jürgen König unter die Nase zu reiben. Chapó!

Donnerstag, 23. Juli 2015

Andacht.

Die beiden gehen die Straße entlang. Links und rechts säumen Bäume den Weg. Die Blätter sind schon verfärbt. Liegen auf dem Boden und bilden ein buntes Gemisch aus Farben. Rutschig sind sie. Wer da nicht aufpasst, könnte den Halt verlieren. Sie rascheln leicht. Die Schuhe gleiten über sie hinweg. Schwach leuchten die Sonnenstrahlen durch die Baumkrohne. Tunken die Umwelt in ein rötlich-gelbes Licht. Man hört es summen. Irgendwo da in der Winzigkeit der Dinge pulsiert noch das Leben.
Man genießt den Ausblick auf die Vollendung des Jahres. Lässt die Geschehnisse nochmal Revue passieren. Sie laufen ab wie ein Film voller Eindrücke. Bilden sich neu, verformen sich, tanzen mit Gedanken den Walzer der Erinnerungen. Höhen und Tiefen dominieren die Reminiszenz. Der Blick schweift über das blaue Wasser des Sees. Sie Sonne spiegelt sich in auf der kühlen Oberfläche. Wind verzerrt den Umriss, lässt die Oberfläche unruhig kleine Wellen schlagen. Dort eine Bank, die Oase der Ruhe. Nichts lässt sich ausmachen in der Anbahnung von Dingen, die stören könnten. Frieden.

Freitag, 18. Juli 2014

Nichts.

Jedes Mal, wenn ich runtergehe und am Empfang vorbeilatsche, sitzt da ein Junge und macht nichts. Er sitzt da rum und spielt mit dem Handy oder schaut aus dem Fenster. Einen Laptop hat er nicht. Einen Mülleimer auch nicht. Kann mir nicht vorstellen, dass das Spaß macht. Hoffentlich überhebt er sich nicht. Kann gefährlich werden, den ganzen Tag nichts anständiges zu tun. Man weiß ja nie, auf was für dumme Gedanken solch Leute kommen. Oh, da fällt einem sicher so einiges ein. Dass das meiste davon nicht gut ist, liegt wohl nahe. Aber mir läge es auch nicht daran, ihn abzulenken. Wohl möglich würde er mich noch auf ein Sitz-mich-ein einladen, sodass wir zusammen nichts tun. Das wäre mir zuviel des guten. Ich mein, ich kann mich über mangelnde Arbeit jetzt nicht beschweren, aber der Aufwand, der mir tagtäglich entgegen weht, ist doch recht übersichtlich. Meist handelt es sich dabei nur um Dinge, die mich selber tangieren und die rein gar nichts mit dem zutun haben, was ich eigentlich machen soll. Aber hey, warum sollte ich fragen, warum ich mehr machen sollte. Ich mein, das könnte ich, ja. Stünde mir sicher gut. So Fragen in den Raum zu werfen, die der Tatsache geschuldet sind, dass ich unterarbeitet bin. Das hielte mich doch nur von den Dingen ab, die mir selber sehr ans Herz wachsen. Und in selbigem gedeihen (wobei der Spross im Hirn entspringt). Ich sehe mich tagtäglich von den schier unscheinbar vielen Möglichkeiten verführt, die mir das weltweite Netz so entgegenwirft. Deswegen tue ich jetzt auch das, was mir am besten liegt. Nichts.